Über H48

Projektraum

Der Projektraum H.48 kann von allen Menschen genutzt werden – für öffentliche oder geschlossene Veranstaltungen, die einen linken, emanzipatorischen und nicht-kommerziellen Anspruch verfolgen.

Selbstverwaltung

Ganz wichtig: Im Projektraum gibt es keine Chef_innen oder Hausmeister_innen oder Putzpersonal, die Organisation und Aufrechterhaltung wird von allen getragen, die ihn nutzen. Das bedeutet, dass Absprachen getroffen werden müssen und dass alle Nutzer_innen gleichermaßen für Reinigung, Reparaturen, etc. verantwortlich sind. An jedem ersten Dienstag im Monat gibt es um 18 Uhr ein “Orga-Plenum” im Projektraum – alle Gruppen, die den Raum regelmäßig nutzen, sollen eine oder mehrere Personen als Delegierte zum Plenum entsenden, denn dort werden alle wichtigen organisatorischen Fragen besprochen.

Grenzen anderer respektieren

Der Projektraum soll ein Ort sein, an dem sich alle wohl fühlen. Gewalt, Sexismus  und Grenzen verletzendes Verhalten werden nicht geduldet. Wer das nicht versteht, kann gerne unseren kostenlosen Begleitservice vor die Tür in Anspruch nehmen.

Barrieren abbauen

Der Projektraum ist (eingeschränkt) barrierefrei es gibt einen Aufzug und breite Toilettentüren. Aber Barrierefreiheit hat auch mit Geld zu tun! Darum wird der Raum nicht vermietet, sondern kostenlos für Termine vergeben. Es besteht kein Konsumdruck – die Getränke sind zwar günstig, aber niemand muss etwas kaufen. Veranstaltungen sollten keinen Eintritt kosten, Spenden nach Selbsteinschätzung als Quasi-Eintritt sind aber okay.

politisches Selbstverständnis

Seit November 2006 existiert der Projektraum-relounged. Unserem politischen Selbstverständnis liegen die Erfahrungen zugrunde, die im “alten Projektraum” gemacht wurden.

Wir wollen einen Raum, der Menschen Rückzug ermöglicht vor gesellschaftlicher Repression. Das bedeutet, dass wir von allen NutzerInnen des Raumes erwarten, auf beschissenes Verhalten zu reagieren. Zu allererst: Grenzüberschreitungen sind subjektiv – wenn jemand sagt ihre/seine Grenze wurde überschritten, dann wurde sie überschritten. Wer die Grenzen anderer Menschen nicht respektiert fliegt raus. Das umzusetzen liegt in der Verantwortung aller, die sich hier aufhalten. Es soll nicht sein, dass Person a sich Scheisse verhält, Person b dadurch verletzt ist und die Konsequenz ist, dass Person b nach Hause geht. So läufts nämlich leider oft genug ab. Und ob bewußt oder unbewußt, Grenzüberschreitungen sind Ausdruck und Ausübung von Herrschaft und Dominanz. Weil wir alle in unterschiedlicher Weise in diese Mechanismen verstrickt sind und sie täglich selber reproduzieren sind Räume wichtig, wo wir diese Mechanismen kritisch reflektieren und unser eigenes Verhalten hinterfragen.

Wir wollen einen Raum, in dem Menschen (Kiez-)Projekte gestalten können, die das eigene Leben bereichern – frei von Konsum- und Kommerzzwängen. Hier können sich Leute treffen um z.B. Theater zu spielen, Filme zu gucken, zu quatschen oder einen Cocktail zu schlürfen. Klar, hier können auch Demos vorbereitet, pleniert, Transpis gemalt und diskutiert werden.

Wir wollen einen Raum, der sich selbst organisiert. Aber das klappt halt einfach nicht. Deswegen lebt (und stirbt) der Projektraum von den Gruppen und Menschen, die ihn nutzen. Das heißt: den Projektraum zu nutzen bedeutet, den Projektraum zu organisieren (siehe: Bedinungsanleitung). Was hier passiert und wann geöffnet ist kommt auf die Initiative der NutzerInnen an; ihr seid alle eingeladen euch einzubringen und das Programm zu gestalten.

Wir wollen einen Raum in Nord-Neukölln, in dem sich Leute mit emanzipativem Anspruch kennenlernen, wohlfühlen und Spass haben können. Wir wollen Teil einer emanzipativen Struktur sein und durch Vernetzung, Austausch und neue Ideen dem gesellschaftlichen Mainstream hier im Kiez etwas entgegensetzen.

Rückblick

Wie entstand der Projektraum?

In einem Teil eines Fabrik-gebäudes in einem Neuköllner Hinterhof, wo bereits mehrere Wohngemeinschaften wohnten, ist im Februar 2004 eine neue WG eingezogen, die einen Teil ihrer gemieteten Fläche (ca.100qm) dem Gesamthaus, der Nachbarschaft und quasi der Öffentlichkeit als “Projektraum”, der immer offen war, zur Verfügung stellte. Der Projektraum besteht im Grunde genommen aus einem kleinen Raum, dem großen Veranstaltungsraum und dem Bad. Im Laufe der nächsten Monate wurden Anschaffungen getätigt, die die folgenden Aktivitäten möglich machten.

Was geschahen für Aktivitäten?

Im Projektraum konnte mensch klönen, kochen, essen, Tischtennis spielen, kickern, Wäsche waschen, duschen, sich einkleiden in der Free-Box, am PC arbeiten und spielen(Internet), drucken und kopieren, auf dem Hochbett schlafen.

Feste Angebote waren Vokü, Brunch, Werkstattcafe, Film und temporär auch Siebdruck. Im Rahmen der Stadtteilzeitung und Hasenheidenkampgne wurde Kritik am Quartiers-managment geäußert und es fanden NachbarInnenversammlungen statt. Es haben auch einige Gruppen regelmäßig den Raum genutzt, wie die Theatergruppe Piquete, die AG Soziale Rechte und die Anarchistische Föderation Berlin.

Außerdem fanden eine Menge Einzelveranstaltungen statt, wie Kickerturnier, Theaterabend, Cocktailparties, Beerdigungsfeier, Hochzeit, Vor- und Nachbereitung von G8 oder Kiezdemos, Veranstaltungen zu alternativer Ökonomie und anderen Themen und natürlich das regelmäßige Plenum…

Wie finanzierte sich das alles?

Der Projektraum kostet leider Miete. Den Hauptteil der Finanzierung trug die WG, indem sie durch ihre Miete, den Projektraum mitfinanzierte. Ansonsten gab es mehr oder minder regelmäßige SpenderInnen – Herzlichsten Dank ans SYNDIKAT! – und bei allen Veranstaltungen, die immer umsonst waren, gab’s natürlich auch die obligatorische Spendendose. Soli-Parties oder Voküs gab’s natürlich auch.

Wer nutzte den Projektraum?

Autonome, Linke, Studis, Bürgerliche, Erwerbslose, Alkis, Drogis, Durchgeknallte, hauptsächlich nur Deutsche und aus Neukölln, in der Regel männliche und weibliche Erwachsene und keine Kinder oder Jugendlichen.

Was war der politische Hintergrund?

Möglichst viele Menschen aus dem Kiez sollten den Raum zur Kommunikation und Selbstorganisierung nutzen und so gesellschaftliche Ursachen und Zusammenhänge von individuellen Problemen erkennen, um zu widerständigem Handeln zu kommen und langfristig auf gesellschaftliche Ursachen und Strukturen Einfluss zu nehmen.

Der Beginn war markiert vom persönlichen Ansprechen und Einladen der Nachbarschaft in den Projektraum. Das monatliche Programm wurde in den umliegenden Häusern, Läden, beim Bäcker und in Kneipen ausgelegt.

Welche Probleme gab es?

Reichlich. Ein selbstorganisierter Laden wie der Projektraum es ist, steht und fällt mit dem Engagement und der Selbstorganisierung der Einzelnen. Gab es am Anfang eine tatkräftige, euphorische Gruppe, die das Projekt in Schwung gebracht hat, so war nach 1 1/2 die Luft raus.

Das hatte mehrere Gründe: zum einen die Tatsache, daß neue Projekte immer erst mal von dem Neuheitsbonus leben, der Euphorie und der Illusion was alles möglich ist und der persönlichen Bereicherung, die die einzelnen MacherInnen erleben, daß sie eben was Neues wagen. Aber: Anfangen ist leicht, beharren ist schwer. Auch bei uns war nach 1 1/2 Jahren der Dampf raus. Eine Tendenz, die absehbar war, vor der wir aber die Augen verschlossen und nicht entschieden gegengesteuert haben z.B durch kontinuierliche Erweiterung der “Kerngruppe”.

Mit der zunehmenden Bekannt-heit des Projektraums ist die Zahl der NutzerInnen über-proportional gestiegen, Alltagskonflikte nahmen zu. Der Raum wurde zunehmend als Kneipe, Wärmehalle und Obdach genutzt, ohne daß sich wer von den NutzerInnen Gedanken, geschweige denn praktisches Handeln in Bezug auf Finanzen, Sauberkeit, Atmosphäre, Reparaturen etc. machte.

Der Alltag im Projektraum war mehr und mehr geprägt von Männerdominanz, sexistischen Anmachen und Alkohol. Das führte zur Ausgrenzung derer, die sich bisher ins Projekt eingebracht hatten und etwas ganz anderes wollten. Die trafen sich dann auf den immer notwendiger werdenden Sonderplena und mussten sich dort anstatt mit ihren eigenen Ideen mit dem Scheiß auseinandersetzen, den andere Leute gebaut haben, die dann aber nicht aufs Plenum kamen oder es sprengten.

Auf den Plenas ging um Alkoholverbote und Sonder-putzen, Reparaturen und Hausverbote. Immer wieder wurde das Für-und-Wider von Sanktionen und “Regeln” diskutiert. Es hat sich gezeigt, daß die heren Ideale von Kommunikation, Solidarität und widerständischem Handeln in den meisten Fällen nichts mit der realen Lebenslage der NutzerInnen des Projektraumes zu tun hatte. So hart und ernüchternd es klingt: Das Projekt, den Kiez durch einen offenen Raum zu politisieren ist gescheitert! Das filterlose Öffnen des Raumes und damit das Hereinholen fast aller gesellschaftlichen Problemfelder war für uns nicht mehr zu handhaben.

Auf Grund dieser Probleme hat der Projektraum im Herbst 2005 die erste grosse inhaltliche Zäsur gemacht: Aus einem für alle offenen Raum ist ein geschlossener Raum geworden, wo nur bestimmte Leute einen Schlüssel dafür hatten. Entweder kam diese Entscheidung zu spät oder das Eingestehen von einem Scheitern der Idealvorstellung (offene Räume) war zu schmerzlich… auf jeden Fall stellte sich mit der Konzeptänderung kein neuer Schwung ein und die noch aktive RestKerngruppe schmolz… Als dann im Frühjar 2006 ein Typ im Projektraum beim Kinderpornosurfen erwischt wurde, brachte dies das Fass zum überlaufen. Der Projektraum war erstmal dicht…

Wie gehts weiter?

Es gibt eine Tendenz als geschlossener Raum weiterzumachen und verstärkt be-stehende Gruppen (möglichst welche, die sich als emanzipatorisch verstehen und aus dem Kiez kommen) anzusprechen, um den Raum kontinuierlich zu nutzen und zu versuchen sie in eine verantwortliche Mitarbeit einzubeziehen. Natürlich sollen auch einmalige Aktionen weiterhin möglich sein. Durch klare Verantwortlichkeiten wollen wir erreichen, daß der Projektraum lange so neu und frisch bleibt, wie er jetzt gerade ist.